Charakter: Falanthril Sonnenpfeil

11:55 12/12/2009
„...und dann könnte ich doch meine Freundin nicht mehr verstehen und von ihr gibt es doch soviel zu lernen und zu entdecken, hach diese Welt ist so groß, habt Ihr denn schoneinmal einen Riesen gesehen oder einen Drachen, was! - kleine Vögelchen, wie süß, das möchte ich aber auch sehen, erzählt Ihr mir noch mehr von Euren Erlebnissen? Das würde ich zu gerne hören...„
Unablässig schien der Strom der Worte aus ihrem Munde zu tropfen. Die Elfe vor ihm war jung, aufgeweckt, wunderschön...und jedes Mal, wenn ihre bezaubernden Lippen sich teilten, entfuhren ihnen die schrecklichen Grunzlaute der Orcsprache. Entsetzlich... dachte Falanthril, während er sie musterte, wo ist nur ihr Stolz geblieben? Die Sin'Dorei vor ihm plapperte und er ließ seine Gedanken schweifen, um ihren fürchterlichen Lauten zu entkommen. So war es nun oft in Silbermond.

In der Zeit nachdem Tod, Verderben und der Gestank der Geißelkreaturen die Stadt überzogen hatten, ließ er ihre weißen, gestürzten Mauern so oft es ging hinter sich. Er war eingeteilt, um saubere Nahrung für die Überlebenden zu beschaffen und nur zu gerne überließ er sich dem Rausch der Jagd, alleine mit seinem Bogen, seiner Beute und sich selbst. Eigentlich eine Arbeit, die nur wenig ausreichend seinen Fähigkeiten entsprach. Er war Krieger, Waldläufer der Armee von Silbermond. Sirrenden Tod von gespannter Sehne ließ er in Pfeilhageln auf Trolle, Orcs und welches Gezücht auch immer regnen, dass sein Volk gerade bedrohte. Kamen ihm Feinde dennoch zu nahe, waren es die flinken, scharfen Blitze seiner schlanker Klingen, welche Hälse durchtrennten und Herzen durchstachen. Nun aber jagte er Wild, die Reste einer blühenden Tierwelt, um mit ihrem Fleisch jene zu nähren, welche überlebt hatten und deren Hunger dennoch niemals abnahm. Eine niedere Arbeit − und doch war er froh darüber. Die Jagd führte ihn weit weg von der gefallenen Stadt, weit weg von der abgestorbenen Schneise, die sich wie schwelender Wundbrand durch den einst blühenden Wald zog. Ihr Anblick entfachte wütenden Schmerz in ihm und die Erinnerung an seine gefallenen Gefährten brannte lichterloh. Er war froh, all dies in der Hitze der Jagd dämpfen zu können und so tat der Elfensoldat seine Pflicht, in sich den Hass auf den Menschensohn Menethil und dessen gesamte Brut nährend.

Die Zeit verging und eine neue, nährende Welle von Kraft fegte durch die Lande der Kinder des Blutes, wie sein Volk sich jetzt nannte. Überall wurden Bauwerke wieder errichtet und verbrannte Bäume neu gezogen, liebevoll und willensstark gepflegt von den Händen der Magister und Waldläufer. Falanthril blieb in der Armee, blieb in der Nähe der Grenzen um den Wiederaufbau zu schützen. Sein Volk brauchte Sicherheit und Ruhe, um die Wunden zu lecken und den leeren Kelch der Magie in ihren Seelen wieder zu füllen. Und immer noch blieb er fern der Stadt. Immer noch schmerzten die Pockennarben der geschliffenen Mauern zu sehr. Dazu gesellte sich ein unbehagliches Gefühl von Übelkeit, die mit den - dem geliebten Prinzen sei Dank - neu aufgestellten, grünen Kristallen einherging wann immer er seinen Geist zu sehr dem verlockenden Winde ihrer Magie öffnete. Lieber suchte er Blutdisteln oder litt weiter nächtelang am unstillbaren Durst, fieberhaft träumend von der neuen Welt, dem Paradies, von dem alle sprachen, seinen nach Magie gierenden Blick in den Sternenhimmel gerichtet. Tagsüber hielt er sich mit seinen Aufgaben beschäftigt und sich selbst fern der Stadt. Die Nachricht vom Verrat des geliebten Prinzen ereilte ihn an den äußersten Grenzen des verbliebenen Reiches.

Und wieder ging es daran, Königreich und Volk neu aufzubauen. Es galt, die Fehler des schwächlichen Prinzen auszumerzen und die Würde und Gesundheit der Elfen wiederherzustellen. Aber nun war das Volk schwach geworden. Wie leere Gefäße, ausgespült mit schalem Wein. Nur in den wenigsten der Blutkinder war noch der alte Stolz und die Erhabenheit der Hochgeborenen zu spüren. Es war, als wären Elfen nur mehr bemalte Puppen, die all ihr Sein und Streben einem unwürdigen Platze in einer unwürdigen Welt geopfert hatten. Es schmerzte Falanthril, die Demütigung seines Volkes zu erleben und noch mehr, dass seine Brüder und Schwestern dies nichteinmal merkten. Sie hatten wieder Magie und einen Platz in der Welt - aber sie hatten keine Würde mehr. Wie, um dies zu unterstreichen, nahmen die Auswüchse des unheilvollen Zweckbündnisses mit der unsäglichen Horde immer mehr Überhand. Noch vor nicht all zu langer Zeit hatte er selbst Trolle und Orcs mit Pfeilen eingedeckt − heute sprachen seine Schwestern deren Sprache! Heute stank es sogar in Silbermond nach dem Brodem der niederen Völker und schmutzigen Füße berührten das makellose Weiß der wiederaufgebauten Straßen, verdunkelten das Strahlen der ewigen und wahren Sonne...

Falanthril blinzelte. Die Elfe vor ihm plapperte weiter in den kehligen Grunzlauten der grünen Kreaturen. Eines Tages, wenn die Welt wieder bereit wäre für das prachtvolle Strahlen der Elfen, dann würde diese furchtbare Sprache aus den Ohren der Geschichte verschwinden. Dann würde es wieder licht und klar sein und alleine die makellose Schönheit der erhabenen Blutkinder würde dem Land − allen Landen! - Frieden und Weisheit schenken. Und so, wie jeder „eine Tag„ mit dem ersten Strahl der Sonne begann, so brach auch nun ein unterschwellig gereifter Entschluss in Falanthril durch das Dunkel der Hoffnung. Er selbst würde daran teilnehmen. Er selbst müsse dazu beitragen. Er selbst würde mit anpacken, seinem Volke wieder zu Stolz, Würde, Gerechtigkeit und einem angemessenen Schicksal zu verhelfen. Als erstes würde der Totenprinz fallen. Und nach ihm sein ganzes, lebendiges Volk. Ohne sie wäre all dies nicht passiert, ohne die Menschen wären die Blutkinder immer noch Hochelfen und die strahlende Sonne ihrer Herrschaft würde den Kontinent wärmen. Ja, die Welt wäre besser ohne sie alle, Menschen, Orcs, sie alle.

„Wenn Ihr mehr meiner Geschichten begehrt, so begehre ich aus Eurem Munde die Worte unseres Volkes.„ sagte er zum Abschied und sie lächelte verzückt. Er würde sie wohl kaum wiedersehen. Es gab viel zu tun und er wusste, wohin seine Schritte ihn als nächstes leiten würden. Er hatte in den Gassen das Flüstern über den vernommen, den sie „Hochlord“ nannten. Er hatte in lauen Abenden des ewigen Frühlings im Immersang gedämpften Gesprächen über dessen hohes Ziel gelauscht. Es war endlich Zeit, die Melancholie abzuschütteln und aus der Hoffnung einen wahren Zweck zu machen. Er würde seine Dienste diesem besagten Hochlord anbieten und darauf hoffen, würdig genug zu sein das strahlende Erbe der Blutelfen mitzutragen.

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